Avocados

11.04.2014 09:03

Gestern hab ich hier in Granada wirklich hervorragende Avocados auf dem Markt erstanden. Eine Grosse kostet 20 Cordoba, das sind knapp 60 Cent. Drei kleinere zusammen auch 20 Cordoba. Und sie sind jeden Cent wert. Eher klein, sehr konzentriert, sehr grosser Kern, vergleichsweise geringer essbarer Anteil. Ich bin sicher, Orkos hätte sie sofort als "Avocado wild" verkauft. Wild kommt ja immer gut, selbst wenn es nur eine andere gezüchtete Sorte ist (Mich würde wirklich mal interessieren, wieviel Umsatz Orkos alleine durch das Wort "wild" mehr macht. lol) - und da meine Kamera geklaut wurde, gibts leider keine Fotos. :-P

Was mir gefällt ist, dass das Hostel keine 300m vom Markt weg ist, man kann also je nach Bedarf losgehen und sich seine Produkte kaufen. In CR ist vor allem Freitags der Markt in Puerto Limon und man muss eben für die ganze Woche einkaufen. Was soweit OK ist, solange man nicht alles schleppen muss. Das geht aber auch nur, solange jemand ein Auto hat, der den ganzen Kram mitnehmen kann. Ansonsten heisst es schleppen. Vielleicht hab ich desegen grade eine Lauf- und Gehsperre. Zuviel rumgeschleppt...

Ob ich mir hier aber mit Erdüssen eindecke, kann ich noch nicht sagen. Bin mir bezüglich der Qualität noch unsicher. 

Gestern war es ansonsten ein ruhiger Abend. Zwei junge Amerikanerinnen und ich haben zwei Filmen geschaut und uns dann noch nett unterhalten. Es ist aber recht erstaunlich, wie uninformiert die Amerikaner im Allgemeinen sind. Nett, aber wissen wenig über Geschichte, aktuelle Geschehnisse usw. 

Die Nacht im Dorm wiederum hat mir gezeigt, wie sehr ich mein eigenes Reich vermisse und meine Privatspähre geniesse. Es ist wie immer: man funzelt rum, packt nachts um drei seinen Rucksack, kramt rum, labert miteinander ... dabei müsste das nicht sein. Aber man denkt nicht so weit, hat nicht gelernt, dass man seine Sachen auch schon abends so packen kann, dass man früh alles ohne Licht findet. Als ich Kind war, hat mir mein Grossvater gezeigt, wie man seine ganzen Sachen so herrichtet, dass wir uns Nachts bei Dunkelheit anziehen und losgehen konnten. Aber man muss keinen Opa wie gehabt haben, um zu wissen, wie man sich rücksichtsvoll bewegt.

Mir fällt grade unter den jüngeren "Travelern" (18 - 30) immer wieder dieser Egoismus auf. Da wird eben die Tür aufgelassen, wenn man raus geht, so dass das Licht ins Zimmer scheint, da wird in Plastiktüten gekramt, die laut knistern, da wird mitten in der Nacht das Klamottenchaos zusammengeräumt. Es gibt da keinerlei Mitdenken, Vordenken, Nachdenken, keine wirkliche gegenseitige Rücksichtnahme. Im Grunde keine Nächstenliebe, wenn man es mal ganz genau beleuchtet. Hauptsache, in meinem Garten regnets. Selbst wenn wer sorry sagt, sie meinen es nicht so. Es wird weiter rumgefunzelt und das, obwohl man mit etwas Nachdenken schon selber hätte drauf kommen können, dass man sich seine Schlafbuxe abends so hinlegt, dass man sie des Nachtens auch schnell findet, statt sie im Rucksack ganz unten zu verstauen. Und nach zwei Wochen on the road sollte jedem klar sein, wie er sich zu bewegen hat, um so wenig wie möglich Lärm zu verursachen. Irgendwann muss man es doch mal mitbekommen, dass es besser ist, seine Buxe nun nicht schon wieder ganz nach unten in den Rucksack zu packen. Nach drei Wochen on the road sollte ich dann eigentlich soweit „erzogen“ sein, dass ich weiss, wie es geht. So dass ein ungestörtes Miteinander möglich ist. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Ich hatte nach vier Wochen Dormitorium keinerlei Impulse mehr, mich ruhig und geräuschlos zu verhalten. Ich habs aus Vernunftgründen dennoch getan. Hätte mein Ego das Ruder übernommen ... Die Leute kommen mir, ich muss es so offen sagen, aber oft einfach zu dumm dafür vor. Und das obwohl es ihnen an Intelligenz nicht mangelt. Aber ich glaube, es ist im Grunde einfach Gleichgültigkeit. 

Die älteren Reisenden, die gibt es ja auch, die bewegen sich sehr viel mehr rücksichtsvoller in den Hostels. Sehr viel mehr zuvorkommender und zurückhaltender. Sozial geschickter. 

Das Problem bei der Sache: man hat Impulse gegen solche egoistischen Verhaltensweisen. Weil es gemeinschaftszerstörend wirkt. Man hat Impulse, die anzeigen, dass da was falsch läuft. Diese Impulse kommen aber nicht an, also muss man sich separieren (Einzelzimmer -> mehr Umsatz). Ansonsten wird man entweder irre, oder abgestumpft. Ich glaube, es geht im Grunde immer um Liebe. In dem Fall um Nächstenliebe. Würden die Leute sich liebe- und rücksichtsvoller verhalten, auch Fremden gegenüber, wieviel Dankbarkeit und mehr positivere Empfindungen wären in der Welt. Der, ich nenne es mal kapitalistische Egoismus, hat aber voll zugeschlagen. Er produziert kleine Egoisten (wenn es doch mal grosse wären, wie viel spannender wäre das!), kleine selbstbezogene Arschgeigen, die mit dieser Einstellung gute Rädchen im System sind. Die konsumieren und frustrieren. Und meine Beobachtungen sind offensichtlich auch von anderen gemacht worden. 

kurier.at/politik/die-neue-generation-der-egoisten/752.307

Oder: "Die wichtigste Eigenschaft der jungen Generation ist laut seiner Analyse (Heinzlmaier) das »Aufsteigen durch das Mitmachen. Es ist eine adaptiv-pragmatische Generation mit einer hohen Anpassungsbereitschaft, mit einer Mitmachmentalität. Sie sind so erzogen, dass sie ordentlich funktionieren. Diese Generation ist nicht perspektivlos oder verdrossen, denn was ihre egoistischen Ziele anbelangt sind sie ganz klar orientiert. Ein großer Teil der Jugend ist cool, durchsetzungsfähig und kämpferisch, eine Art moderner Warrior. Ich finde sie sogar beängstigend gut orientiert. Die Konzernchefs sind zufrieden, denn junge Menschen sind angepasste, ausbeutbare und brave Konsumenten."

Genau das hab ich auf meinen Reisen hier voll bestätigt gefunden. Intelligent, durchsetzungsstark, enorm informiert und orientiert, aber eben auch sehr egoistisch, angepasst, ohne jeglichen rebellischen Impuls, sehr auf den eigenen Vorteil bedacht und zum Teil regelrecht rücksichtslos. Also nach Jahrzehnten der Formung durch Elternhaus, Schulen, Ausbildung, Studium und Praktikas nun endlich das perfekte Individuum für die postdemokratisch-kapitalistische Leistungs- und Konsumgesellschaft. Alle Investments und all das Lobbying zahlen sich nun aus. Beängstigend. Aber logisch. Die Ökonomie hat enorme Anstrengungen unternommen, um dies zu erreichen. Den “Angepasste(n), ausbeutbare(n) und brave(n) Konsumenten

Es hat mich auch immer gewundert, wieso ich schon beim Einchecken in manchen Hostels eine Verkrampfung im Solarplexus gespürt habe. Jetzt ist es mir natürlich klar. Man spürt ja unterbewusst sofort, was für eine Energie vorherrscht. Grade „das Herz“ ist ja mit allem verbunden und zeigt sofort an, ob etwas passt oder nicht.

www.welt.de/vermischtes/article118147140/Auf-dem-besten-Wege-in-die-absolute-Verbloedung.html

Und grade hier im Oasis in Granada finde ich es ganz schlimm. Am Schönsten fand ich dagegen das kleine Hotel in Nicoya, wo nur einheimische Familien waren. Wir abends zusammen fern geschaut, haben uns versucht zu verständigen und haben uns angelacht. Es war schäbig, aber dafür hörte man Kinderlachen auf den Gängen. Freilich, auch hier findet man coole Leute. Mich zum Beispiel! Oder die beiden coolen Australier! lol (der beste Weg, um nicht wahnsinnig zu werden, ist über sich selber lachen zu können). 

Ich glaube, wir werden sie bekommen, die "Diktatur der Angepassten":

Männer, Frauen, Junge, Alte
in den Büros und den Fabriken
an den Schulen und zu hause
lassen sich für dumm verkaufen,
kaufen, kaufen, kaufen

Die Generation, die den Übergang von der Demokratie zur postdemokratisch-kapitalistischen Leistungs- und Konsumgesellschaft vollziehen soll, ist geschmiedet. NSA überwacht die Transformation und die Regierungen sind nur mehr Strohmänner - und frauen der Ökonomie. Die Medien sind in unerhörter Manier gleichgeschalten: 

Peter Scholl-Latour: Wenn Sie sich einmal anschauen, wie einseitig die hiesigen Medien, von TAZ bis Welt, über die Ereignisse in der Ukraine berichten, dann kann man wirklich von einer Desinformation im großen Stil berichten, flankiert von den technischen Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, dann kann man nur feststellen, die Globalisierung hat in der Medienwelt zu einer betrüblichen Provinzialisierung geführt. Ähnliches fand und findet ja bezüglich Syrien und anderen Krisenherden statt.

Tja, und deswegen, Tiger und Rebell wie ich bin, werd ich mich NIE mit den Angepassten anfreunden können. 

Aber es musste wohl so kommen: 

    Der erste Märchenerzähler erzählt z.B. Geschichten, die von Aggressionen, Kriegen, Verbrechen, „Jeder gegen Jeden“ handeln, von Unfairness, Härte,     Ellenbogeneinsatz usw. Dadurch werden entsprechende Werte und Verhaltensmuster als „normal“ hingestellt und regen zur Nachahmung an. (Ungünstige     MEME werden verbreitet.)

    Er sagt gewissermaßen: „So müßt Ihr leben, wenn Ihr glücklich werden wollt.“ Und das ist unwahr, stellt eine Manipulation, eine Gehirnwäsche dar.

    Der zweite Mythenerzähler erzählt z.B. Geschichten, die handeln von Dingen wie:

    Mobbingfreie Fairness, von Tratsch und Klatsch freie Kooperation, Geben und Nehmen, Sich-Vertragen durch klare Verträge und deren Einhaltung, echte     Gerechtigkeit durch „Brings vor die Gemeinde“, echte Demokratie, entspanntes, friedfertiges, liebevolles Miteinander, Wiederentdeckung ungeahnter     Endorphinausschüttungs-Möglichkeiten durch gemeinschaftliches Singen, Musizieren, Tanzen, gemeinschaftliche Sportevents, Reziproker Altruismus     (Gegenseitige Hilfe), Mutualismus (Wechselseitigkeit), Tit for Tat (Wie Du mir, so ich Dir), I´ll scratch your back, you´ll scratch my back, Diskussion der     Körperfeindlichkeit, Diskussion stoffwechselgerechter = evolutionärer Gewordenheit gerechtwerdender Ur-Ernährung usw. ( = Günstige MEME!)

    Er sagt gewissermaßen: „So müßt Ihr leben, wenn Ihr maximal glücklich und gesund leben wollt!“ Und das sind Wahrheiten, keine Manipulation und     keine Gehirnwäsche! Eben günstige MEME.

    Welches von den beiden Teams aus Nahrungsmittel-Wirt und Märchenerzähler wird selektiert, verschwindet von der Welt? Und welches beherrscht den     Markt und damit die gesamte öffentliche Meinung und Werteentwicklung?

    www.rohkostwiki.de/wiki/Die_Memik

Lebe lieber ungewöhnlich!

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