Der Schatten der Kochtopfes

20.01.2013 11:35

Der Schatten der Kochtopfes - was kann man sich denn darunter vorstellen? Nun ja, im Grunde ist es ganz einfach! Bei der Umstellung auf eine Ernährung, die aus naturbelassenen Produkten besteht, welche ich je nach Bedarf auswähle, erscheint es am Anfang recht easy voranzugehen! Man fühlt sich wohl, bekommt Energie, die Verdauung normalisiert sich, man nimmt ab oder zu, je nach dem und man ist auf einer grandiosen Entdeckungstour.

(Gemüseauswahl zum heutigen Mittagessen)

Mit der Zeit aber merkt man, dass der Glanz des Neuen nachlässt. Alte Verhaltensweisen schleichen sich ein, man wird schluderig in der Auswahl oder man hat mit Gelüsten zu kämpfen. Auch vermisst man vielleicht bestimmte Dinge oder fühlt sich eingeengt in dieser neuen Lebensweise. Das ist der Schatten der Kochtopfes, der jetzt auf der Praxis liegt.

Die Frage ist also: reicht roh essen und alles wird gut?

Die Wenigsten von uns sind seid der Geburt roh, sondern jeder hat eine mehr oder weniger lange Karriere mit gekochten Nahrungsmitteln hinter sich, welche uns ja zutiefst geprägt haben. Das geht bis in die tiefsten Tiefen unserer Zellen, der Biochemie des Gehirns oder dem Aufbau unserer Darmflora. Folglich sind deswegen auch in der Rohkost später Verhaltensweisen und Fehler möglich, die einfach daraus resultieren, dass wir eben NICHT naturgemäß aufgewachsen sind, sondern in einer Gesellschaft, die zu einem Großteil Nahrungsmittel konsumiert, welche erhitzt, verändert oder vermischt wurden oder dessen Bestandteile sogar die Wirkung harter Drogen aufweisen (siehe "Das Exorphin Problem"). Dieser Tatsache muss man einfach Rechnung tragen und bei der Umstellung, aber vor allem auch, wenn man glaubt es läuft, äußerst aufmerksam bei der Sache sein!

Dieser Schatten wird sehr sehr lange auf uns liegen, selbst wenn wir glauben, wir sind schon lange raus. Was meine ich damit? Ganz einfach: einige Menschen vermissen vielleicht unterbewusst das schwere und schläfrig machende Gefühl der Kochkost. Hier kann es sein, dass sie deswegen vermehrt Produkte konsumieren, die dieses Gefühl hervorrufen. Oder sie machen aus diesem Grund einfach Kombinationen, die dieses gewohnte schwere Gefühl und die anschliessende Schläfrigkeit simulieren! Einfach indem Produkte zusammen gegessen werden, die unterschiedliche Verdauungsmilieus benötigen. Zumeist tritt dieses Verlangen bei Stress oder Liebeskummer oder eben Lebensphasen auf, wo man ein Ventil braucht! Wäre ich von Geburt an roh hätte ich dieses Verhalten nicht entwickelt, würde andere, natürlichere Strategien anwenden und nutzen, aber da ich "aus dem Kochtopf" komme, wo es möglich war, diese Verhaltensweisen zu etablieren, braucht es später erhöhte Aufmerksamkeit, um solche Probleme zu erkennen.

Das Essen dazu benutzt wird, um Energie abzuleiten, beschrieb schon Dan Millman in seinem Buch "Die goldenen Regeln des friedvollen Kriegers" [1] oder es findet sich im Buch "Tagebuch eines Zen-Meisters, der aus dem Westen kam" [2]. Hier wird auch beschrieben, wie sich die Zenmönche mit Reis vollstopften, grade auch, um der fehlenden Sexualität zu begegnen und diese Energien abzuleiten...in einen vollen Bauch. Es gab die Anweisungen an den Koch, dass immer genug Reis da sein musste. Oder so mancher liebt das schwere Essen am Abend und das Bier oder das Glas Wein, um "runterzukommen". Oder das Mittagschläfchen nach dem Sonntagsbraten. Oder die schweren Genüsse zu den Feiertagen! Das machte man ja nicht umsonst, sondern um eben mal "runterzukommen". Das da etwas nicht stimmte, spürte man ja schon lange, aber man war eben auch ein Gefangener der Konventionen.

Und jetzt stellt man auf Rohkost um, hat schon x Jahre "falsch" gelebt und erwartet, dass das alles reibungslos klappt? Das ist naiv! Hier gilt es erstmal, sich selber zu beobachten und neue Strategien zu entwickeln, um eben aus dem Schatten des Kochtopfes zu gelangen, sprich aus den ganzen eingeschliffenen Verhaltensweisen rauszukommen, die nur möglich sind, weil ich das Essen so manipuliert habe, dass die ganzen natürlichen Mechanismen nicht mehr wirken! Wenn man dann auf Rohkost umstellt, wird man nach der euphorischen Anfangsphase zum Teil recht heftig mit diesen falsch programmierten Verhaltensweisen konfrontiert. Nur funktionieren die mit der Rohkost nun nicht mehr! Aber der Stress und das "normale" Leben im Beruf und Privat gehen ja weiter! Was tun?

Nun, grade im ganz normalen Alltag bleibt es, zumindest auch für mich, eine tägliche Herausforderung, nicht wieder in seit Kindesbeinen verankerte Strategien der Stressbewältigung zurückzufallen. Früher hab ich mir dann halt ab und an alle paar Wochen mal einen Salat gemacht oder etwas zusammen gemischt, wenn der berufliche Stress überhand nahm. Meine Saft und Salatphase 2009 und 2010 war dem wohl auch geschuldet (natürlich nur mit garantiert rohen Zutaten, aber das Mischen reicht schon, um die Verdauung zu behindern). Da stand ich schon kurz vor dem KO, neudeutsch "burn out". Aber daraus lernt man ja!

Oder ein anderes Beispiel: jemand, der Trost und Liebe übers Essen vermittelt bekommen hat, wird sich auch schwer tun, diese Verhaltensweisen gleich abzulegen! Auch hier wird die Rohkostpraxis negativ beeinflusst werden, wenn man sich diesen Tatsachen nicht stellt. "Du bist traurig? Na komm, Oma macht dir was leckeres zu essen!". Vielleicht stopft derjenige sich dann mit Datteln voll, wenn es emotional mal ruckelig wird oder er isst zuviel Fleisch, weil er traurig ist, also alles Produkte, die eher selten verzehrt werden sollten. Man erkennt die Gemeinsamkeit oder? Früher war es Schokolade oder Marzipan, welche immer mit der Aura des Besonderen oder Seltenen belegt wurden, heute sind es Datteln oder andere Produkte, die ebenfalls wieder als "Besonders" oder "Selten" klassifiziert werden.

Auch hier gilt es, sich von diesen Verhaltensweisen zu befreien. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, sondern braucht auch seine Zeit, Geduld und viel Selbstliebe!

Ein anderes Problem können vorhandene handfeste Süchte sein. Die Sucht nach den Opiaten aus Weizen- und Milchprodukten, die Sucht nach Zucker, welcher über die Insulinschaukel eben auch energieableitend wirkt und somit ein Ventil darstellt, die Sucht nach bestimmten Maillardmolekülen, die wie LSD wirken (leider leider ist diese Info nicht mehr im Netz zu finden!! Noch 2003 gab es online eine sehr interessante Studie, die zeigte, dass es z.B. in der Bratenkruste von Hähnchen Stoffe gibt, die wie LSD wirken. Dies erklärte auch, wieso manche Leute wie narrisch nach Bratenkruste sind).

Und plötzlich werden diese Stoffe nicht mehr nachgeliefert! Das das die Praxis erstmal beeinträchtigt und das vielleicht sogar echt lange, sollte auch klar sein! Vielleicht ist das Problem vielen nicht mal bekannt und sie essen deswegen zuviel Fleisch! Der Instinkt wird ja dann durch diese vorhandenen Abhängigkeiten durchaus beeinflusst!

Hier muss man mal genau beobachten, wie man seine Rohkostpraxis gestaltet. Esse ich Früchte auch, wenn sie gar nicht wirklich himmlisch schmecken? Schaffe ich keine drei Tage ohne Fleisch? Ist die Vorstellung unangenehm, keine Datteln daheim zu haben? Oder keine Früchte? Werd ich nach drei Tagen ohne Früchte misslaunisch und unzufrieden, obwohl ansonsten die Auswahl gut ist? Schlinge ich mein Essen, statt es gründlich zu kauen? Mache ich ungute Kombinationen, wenn ich Stress habe?

Hier muss jeder auch ein bisschen auf sich selber achten! Es ist natürlich schon recht verführerisch zu sagen: Iss roh und alles wird gut! Das stimmt auch, aber nicht blind wie ein Regenwurm, sondern die Praxis gehört immer wieder kontrolliert! Grade vor dem Hintergrund, dass wir aus dem Kochtopf kommen und einen echten Rucksack an ungünstigen Verhaltensweisen und Gewohnheiten mitschleppen!

Wenn man aus dem Kochtopf zur Rohkost kommt, kann man nicht erwarten, dass gleich alles funktioniert. Und der Instinkt wird auch von bestimmten psychischen Komponenten zum Teil negativ beeinflusst. Ganz einfach: liegt zum Beispiel eine Exophinabhängigkeit vor, so ist es das primäre Ziel des Körpers, diese zu befriedigen! Und das wirkt sich auch auf den Instinkt aus! Sprich, man stopft sich vielleicht mit Ersatzstoffen voll.

Das Selbe gilt auch bei "Zuckersüchten" - auch hier wird der Instinkt negativ beeinflusst. Das haben ja Versuche mit Ratten gezeigt! Diese fraßen auch "instinktiv" bestimmte Produkte vermehrt, nachdem man vorher in ihrem Gehirn rumgepfuscht hatte. Man wollte damit zeigen, inwieweit die Gehirnstruktur, bzw. die gegenüber dem Naturzustand veränderte Biochemie des Gehirns die Nahrungsauswahl beeinflussen.

Und wer will leugnen, dass das Kochen und die ganze daraus entstandene Kultur unsere Biochemie NICHT beeinflusst hat?!

Nun kann eine Ratte nicht anders agieren als wie sie agiert. Der Mensch hingegen hat die Fähigkeit, über sich zu reflektieren und Fragen zu stellen. Sich zu beobachten. Wenn einem also bestimmte Verhaltensweise an einem Selber komisch vorkommen, ist es Zeit sich zu fragen, ob man hier im Schatten des Kochtopfes sitzt. Spüre ich, dass ich eigentlich zuviele Früchte esse, wird es Zeit, hier auch mit dem Verstand einzugreifen und die Auswahl an Früchten zu begrenzen. Spüre ich, dass ich permanent tierische Produkte präferiere und es mir Angst macht, wenn ich 3 Wochen ohne auskommen soll, ist es Zeit, sich hier zu hinterfragen und andere Verhaltensweisen zu etablieren.

Ein gutes Zeichen, bzw. ein guter Kompass ist die Himmlische Phase! Bleibe ich in der Himmlischen Phase, so esse ich wirklich nach Bedarf. Überziehe ich oft oder esse z.B. zuckerhaltige* Sachen auch, wenn sie "nur gut" schmecken, während ich gleichzeitig das Gemüse und das Grüne vernachlässige, so ist hier besondere Vorsicht geboten!

Weiterhin ist auch das instinktive Fasten von großem Wert! Ich hab schon oft Fastenkuren gemacht. Alleine im letzten Jahr hatte ich zwei mal 6 - 7 Tage instinktiv gefastet. Also nur Wasser (eventuell mit grüner Tonerde vermischt) getrunken oder vielleicht einen Tag mal eine halbe Zitrone ausgepresst in einem Glas Wasser. Fasten reinigt auch und hilft, von unguten Gewohnheiten los zu kommen. Belohnt wird man dann zumeist mit gigantischen Himmlischen Phasen nach dem Fastenbrechen.

In der Rohkostszene wird man öfters mit Theorien konfrontiert, wieso die Menschen z.B. zu viele süsse Früchte essen. Da hört man von Candida im Blut und im Darm, welcher nach Zucker gelüstet. Oder die Theorie, dass die Darmflora den Appetit beeinflusst usw usw. Da mag was dran sein oder auch nicht. Wenn man aber das Gefühl hat, dass man zuviele Früchte ist, sollte man dem auch Rechnung tragen und hier die Auswahl etwas adaptieren! Man wird eh nicht verhungern, sondern womöglich ungeahnte Genüsse bei bisher eher wenig beachteten Produkten entdecken und neue Erfahrungen machen. Kriegt man dann nach drei Tagen "Heisshunger", ist das das beste Zeichen, dass das Gefühl nicht getäuscht hat!

Das Phänomen des Heisshungers verschwindet mit der ausgeglichenen Rohkost eigentlich recht schnell. Aber wer weiss, welche Vorschädigungen bei dem ein oder anderen vorliegen?! Vielleicht wird die Darmflora durch das Quecksilber aus den Amalgamplomben negativ beeinflusst und man giert deswegen nach stark zuckerhaltigen Produkten! Die Lösung wäre dann eben eine Zahnsanierung und eine Ausleitung zu machen.

Es ist natürlich schon eine große Herausforderung an den Körper und vor allem an den Geist, aus dem Kochtopf rauszuklettern, dann aber auch aus dem Schatten des Kochtopfes zu gelangen! Wie gesagt, es muss jedem klar sein, dass uns die Kochkost und Verhaltensweisen, die aus der Kochkost resultieren, ZUTIEFST geprägt haben! Und das diese Strukturen uns noch ein Zeit beeinflussen werden!

Aber hilft ja nichts! Leben heißt wachsen und sich entwickeln und vor allem: Probleme lösen! Und das gilt natürlich auch hier.

[1] www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3453700821/verlagsgruppe-21/

[2] www.amazon.de/Tagebuch-eines-Zen--Meisters-Westen/dp/3545201368/ref=sr_1_fkmr0_1?s=books&ie=UTF8&qid=1358682423&sr=1-1-fkmr0

[3] www.zeit.de/2012/17/M-Darm

* Zucker = gemeint ist hier Fruchtzucker

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