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Drogen und Suff als Ursachen der Sesshaftigkeit
20.11.2019 00:01Im Rohkostwiki gibt es den überaus lesenswerten Artikel "Die Ursprünge der Landwirtschaft" (www.rohkostwiki.de/wiki/Die_Urspr%C3%BCnge_der_Landwirtschaft).
Worum gehts es?
Während in unserer eigenen Sichtweise unserer selbst sicherlich unsere Leistungen in Technik, Kunst, Medizin, Raumfahrt und ähnlichem hervortreten würden, würde in einer leidenschaftslosen Beurteilung möglicherweise die Landwirtschaft alle anderen Konkurrenten vom ersten Platz verdrängen. Die meisten anderen Errungenschaften der Menschheit sind aus dieser gefolgt. Alle Menschen der Erde werden fast ausnahmslos durch die Landwirtschaft versorgt. Mit wenigen unbedeutenden Ausnahmen betätigt sich keine andere Art als Landwirt. Im Grunde genommen wird weltweit alles landwirtschaftlich nutzbare Land auch kultiviert. Und doch begann die Landwirtschaft erst vor ein paar tausend Jahren, weit nach dem Auftreten des anatomisch modernen Menschen.
Angesichts der Geschwindigkeit und Reichweite dieser Revolution in der Humanbiologie ist es ziemlich ungewöhnlich, daß kein allgemein akzeptiertes Erklärungsmodell existiert, welches dem Ursprung der Landwirtschaft Rechnung trägt. Tatsächlich hat in den letzten Jahren eine zunehmende Zahl von Argumenten dafür gesprochen, daß die Landwirtschaft, weit davon entfernt, ein natürlicher und aufwärtsgerichteter Schritt zu sein, in Wirklichkeit allgemein zu einer niedrigeren Lebensqualität führte. Jäger und Sammler arbeiten typischerweise weniger für die selbe Menge an Nahrung, sind gesünder und Hungersnöten weniger ausgesetzt, als einfache Bauern. (Lee & De Vore 1968, Cohen 1977, 1989). Eine biologische Einschätzung des sogenannten Rätsels der Landwirtschaft würde es in einfachen Worten von Verhaltensforschern folgendermaßen ausdrücken: Warum wurde dieses Verhalten (Ackerbau) verstärkt (und folglich ausgewählt), wenn es keine Anpassungsvorteile bot, welche die Vorteile von Jäger und Sammler- oder Nahrungssucher-Wirtschaften übertrafen?
Bis heute ist diese Frage absolut ungeklärt, wieso wir als Menschen plötzlich mit der Landwirtschaft anfingen, obwohl sie zwar die Population hat anschwillen lassen, dass aber auf Kosten der Gesundheit und auch auf Kosten des Planeten. Die weitreichenden Folgen sieht man ja in der heutigen Zeit auf der ganz großen Bühne. Die Ursachen, wieso die Menschen damit plötzlich anfingen, wurden aber bis heute nicht erschöpfend herausgearbeitet.
Wahrscheinlich war es eine Kombination unterschiedlicher Aspekte.
Und ein großer Aspekt scheint eben die Wirkung von bestimmten Pflanzenstoffen zu sein, die man unter dem Begriff Exorphine kennt.
Vor ca. 10 000 Jahren begannen Gruppen von Menschen in verschiedenen Gebieten der Welt die nahrungssuchende Lebensweise aufzugeben, die seit Millionen von Jahren erfolgreich, universell und weitgehend unverändert war (Lee & De Vore 1968). Sie fingen an zu horten, kultivierten dann Land mit Getreide-Gräsern, siedelten sich dort herum an und züchteten Tiere wegen ihrem Fleisch, ihrer Arbeitskraft, ihrer Haut und anderen Materialien sowie ihrer Milch.
Die Landbewirtschaftung, welche vorwiegend auf Weizen und Gerste basierte, tauchte zuerst im Mittleren Osten auf und breitete sich schnell über Westasien, Ägypten und Europa aus. Die frühesten Zivilisationen verließen sich hauptsächlich auf Getreideanbau. Die Kultivierung von Obstbäumen begann 3 000 Jahre später, wiederum im Mittleren Osten, und Gemüse und andere Feldfrüchte folgten (Zohari 1986). Die Kultivierung von Reis begann in Asien vor ca. 7000 Jahren (Stark 1986).
Wir sehen, dass es vor allem Getreide war, im Naturzustand ein fast ungeniessbares und nur in Minimengen essbares Produkte, dass plötzlich die Hauptnahrungsquelle wurde.
Naja, geht nur mittels Kochen. Roh kann man das zwar auch essen, als Getreidebrei mit Wasser, aber da waren die Zähne der ersten Menschen, die das versucht haben, relativ schnell im A****. Mit Getreidebrei ist Karies ja recht schnell da. Weil es so massiv an den Zähnen klebt.
Aber man sieht: es begann mit dem Getreide.
Bis zum heutigen Tag stammen zwei Drittel der Protein- und Kalorienzufuhr der meisten Menschen aus Getreide. (...) Der Anteil der Getreidesorten an der momentanen Weltproduktion lautet für Weizen 28%, Mais 27%, Reis 25%, Gerste 10% und andere Getreide 10% (Pederson et al. 1989).
Alles Sachen, die man als Rohköstler eher nicht oft mag. Ich hatte mal eine Phase, wo ich viel Hafer gegessen hatte, auch gemischt. War auch nicht gut für die Zähne. Und das Zeug schmeckt im Naturzustand auch nicht wirklich. Oder nur mal ganz selten.
Wieso also Getreide?
OK, jetzt können wir nicht mehr anders, aber damals?
Dennoch sind die dabei geblieben...
Die Ernährung der frühen Hominiden (vor ca. 4 Millionen Jahren), so wie sie sich aus der Ernährungsweise der Primatenvorfahren herausbildete, bestand hauptsächlich aus Früchten, Nüssen und anderen pflanzlichen Produkten sowie etwas Fleisch – Bestandteile, die mit wenig oder ohne Verarbeitung beschafft und verzehrt werden konnten. Vergleiche zwischen der Anatomie von Primaten und Fossilien von Hominiden sowie zwischen den Arten und der Verbreitung der Pflanzen, die von modernen Schimpansen, Gorillas und Menschen roh verzehrt werden (Peters & O’Brien 1981, Kay 1985), und auch die mikroskopische Analyse von Abnutzungsspuren auf fossilen Zähnen (Walker 1981, Peuch et al. 1983) lassen den Schluß zu, daß Australopithecinen hauptsächlich früchteessende Allesesser waren, deren Ernährungsmuster dem moderner Schimpansen ähnlich war. (Susman 1987:171)
Neueste Forschungen zeigen, siehe unter Best of, dass die frühen Homo vor allem omnivor waren, aber das sind Details. Wichtig erscheint mir hier der Fakt, dass, sowie man auf Rohkost geht, man wirklich wieder zum Ur-Menschen wird und die natürliche Nahrungspalette eben tatsächlich hauptsächlich aus Früchten, Nüssen und anderen pflanzlichen Produkten sowie etwas Fleisch und Fisch besteht.
Sowie man auf Rohkost geht, wird die Landwirtschaft und ihre Produkte uninteressant. Man wird wieder Gärtner. Früchte, Nüsse, Gemüse, Eier, Fleisch. Dazu vom Meer Algen, Fisch und Meeresfrüchte. Als Rohie geht die Reise sofort dahin. Weil es ganz natürlich ist. Außer man isst vegan. Aber gut...
Cohen (1977:141) faßte das Problem zusammen, indem er fragte:
Wenn Landwirtschaft weder eine bessere Ernährung noch eine bessere Verfügbarkeit der Nahrungsmittel, noch eine Erleichterung mit sich brachte, sondern im Gegenteil eine schlechtere Ernährung, geringere Verläßlichkeit und höheren Arbeitsaufwand, warum geht dann jeder auf Ackerbau über?
Diesbezüglich wurden viele Erklärungen angeboten, die sich in der Regel auf einen speziellen Faktor konzentrierten, der die Übernahme des Ackerbaus erzwang, wie etwa Umwelt- und Bevölkerungsdruck (für Durchsichten siehe Rindos 1984, Pryor 1986, Redding 1988, Blumler & Byrne 1991). Jedes dieser Modelle wurde ausgiebig kritisiert, und derzeit gibt es kein allgemein akzeptiertes Erklärungsmodell für den Ursprung der Landwirtschaft.
Na ja, das ist immer ein Zeichen, dass da noch ein Puzzelteil fehlt.
Forschergruppen unter Zioudrou (1979) und Brantl (1979) fanden sowohl opiatähnliche Aktivität bei Weizen, Mais und Gerste (Exorphine), sowie bei Kuh- und Muttermilch (Kasomorphin), als auch stimulierende Aktivität bei diesen Proteinen und bei Hafer, Roggen und Soja. Das Exorphin des Getreides ist viel stärker als das Kasomorphin der Kuh, welches wiederum stärker ist als menschliches Kasomorphin. Mycroft et al. (1982, 1987) fanden in Weizen und Milch ein Analogon der Substanz MIF-1, einem natürlich auftretenden dopaminergen Peptid. Es taucht in keinem anderen exogenen Protein auf. (In den folgenden Abschnitten benutzen wir den Begriff Exorphin für Exorphine, Kasomorphin und MIF-1-Analogon. Obwohl opiatähnliche und dopaminerge Substanzen auf verschiedene Weise wirken, sind sie beide ’belohnend‘ und somit für unsere Zwecke mehr oder weniger gleichbedeutend.)
Seitdem haben Forscher die Wirksamkeit von Exorphinen gemessen und nachweisen, daß sie mit Morphin und Enkephalin vergleichbar sind (Heubner et al. 1984), haben ihre Aminosäuresequenzen bestimmt (Fukudome & Yoshikawa 1992) und nachgewiesen, daß sie vom Darm aufgenommen werden (Svedburg et al. 1985) und fähig sind, Wirkungen wie Schmerzstillung und Angstreduktion hervorzurufen, die normalerweise bei vom Mohn abgeleiteten opiatähnlichen Substanzen auftreten (Greksch et al. 1981, Panksepp et al. 1984). Mycroft et al. schätzten, daß bei einem normalen täglichen Verzehr von Getreide und Milch 150 mg des MIF-1-Analogons produziert werden und merkten an, daß solche Mengen oral aktiv sind und schon die Hälfte dieser Menge Stimmungsschwankungen bei klinisch depressiven Versuchspersonen verursachte. (Mycroft et al. 1982:895) (Eine ausführliche Übersicht findet sich bei Gardner 1985 und Paroli 1988.)
Die meisten gebräuchlichen, abhängig machenden Drogen sind entweder opiatähnlich (z.B. Heroin und Morphin) oder dopaminerg (z.B. Kokain und Amphetamin) und wirken durch die Aktivierung von Belohnungszentren im Gehirn. Folglich sollten wir fragen, ob diese Befunde bedeuten, daß Getreide und Milch auf chemische Weise belohnend wirken. Sind Menschen in irgendeiner Weise ’süchtig‘ nach diesen Lebensmitteln?
Na ja, also im Grunde macht die Drogentheorie ja Sinn. Man sieht das ja auch an einzelnen Menschen. Viele nehmen Drogen und Saufen und sind dadurch weniger gesund, haben also gesundheitliche Einbußen, dennoch bleiben sie dabei. Und sie verändern auch ihr Verhalten. Im Grunde ist ja die Landwirtschaft fast sowas wie beschaffungskriminell. Wir klauen der Natur ihren Lebensraum, roden Wald, zerstören Flußlandschaften usw. und beschaffen uns somit die Mittel, um den Zugang zur Droge, die wir anscheinend brauchen, weiter zu gewährleisten.
Klar, das ist jetzt überspitzt, weil eine extensive Landwirtschaft ja durchaus die Diversität steigert. Aber der nächste Schritt ist dann die industrielle Landwirtschaft. Und ab da wirds haarig.
Und jeder, der mal versucht hat, auf Rohkost umzustellen, weiß, was das bedeutet. Wieviele Rückfälle gibt es mit Käsebrote? Auf einem Treffen hatte mal der Junge einer damaligen rohen Bekannten eine massive Entgiftungsphase, der ist da voll unleidig geworden. Nach drei Tagen roh ging es. Irgendwann hat der mit seinem Kumpel aber das ganze Haus durchwühlt und irgendwo hinterm Sessel einen uralten trockenen Kanten gefunden. Das haben die gefressen wir Hyänen ihre Beute. Muss man sich vorstellen: die besten Orkossachen lagen da rum, und die finden einen Uraltkanten und stürzen sich drauf wie die Geier.
Ab da macht die Exorphintheorie mehr als Sinn.
Machen wir uns nichts vor: im Endeffekt sind wir alle trockene Junkies. Das Problem: man kriegt ja kaum noch naturreine Produkte. Ist ja alles kontaminiert. Das ist eine immense Herausforderung!
Aber es erklärt eben wirklich diese plötzliche Änderung in der Kulturgeschichte.
Eines der auffälligsten Phänomene in diesen Studien besteht darin, daß Patienten oft starkes Verlangen, Sucht und Entzugserscheinungen bei diesen Nahrungsmitteln zeigen (Egger 1988:170, mit Zitat aus Randolf 1978; siehe auch Radcliff 1987:808-10, 814, Kroker 1987:856, 864, Sprague & Milam 1987:949, 953, Wraith 1987:489, 491). Brostoff und Gamlin (1989:103) schätzten, daß 50% der Patienten mit Intoleranz ein starkes Verlangen nach den Nahrungsmitteln haben, welche ihnen Probleme bereiten, sowie Entzugserscheinungen haben, wenn diese Nahrungsmittel aus ihrer Diät ausgeschlossen werden. Die Entzugserscheinungen sind vergleichbar mit denen, die man bei Drogenabhängigkeit kennt (Radcliffe 1987:808). Die Möglichkeit, daß Exorphine mit im Spiel sind, wurde erwähnt (Bell 1987:715), und Brostoff und Gamlin schlußfolgerten (1989:230):
...die bisherigen Ergebnisse deuten darauf hin, daß sie unsere Stimmung beeinflussen können. Es steht sicherlich außer Frage, daß jemand von einem Glas Milch oder einer Scheibe Brot ’high‘ wird – die darin enthaltenen Mengen sind dafür zu gering – aber diese Nahrungsmittel könnten ein Gefühl der Gemütlichkeit und des Wohlbehagens herbeiführen. Patienten mit Intoleranz sagen, daß dies oft der Fall ist. Es gibt auch andere hormonähnliche Peptide in teilweise verdauter Nahrung, welche andere Wirkungen auf den Körper haben könnten.
Wundert mich nicht. Es würde den Forschern wie Schuppen von den Augen fallen, wenn man die Menschen mal in größeren Kohorten auf Rohkost setzen würde. Man würde alle möglichen Suchtverhalten sehen. Weinen, ins Kopfkissen beißen, Alpträume, Schweißausbrüche, Wutanfälle, Aggressionen. Und sogar Betteln und Flehen würde einige, endlich wieder "was Richtiges" essen zu dürfen. Und das bei paradisisch gedeckten Tischen.
Man würde es auf der ganz großen Bühne sehen.
Ich persönlich habe damals mal nach einigen Monaten 100%ige Rohkost einen Döner gegessen. Das war, als wenn mir wer einen Schuss gesetzt hat. Ich saß im Auto und "Ahhhhhh...." - Junkie. Gleichzeitig hat mich da so erschreckt, dass ich plötzlich realisierte: also hier läuft gerade was total schief. Und Döner hat ja nun alles: Milch, Weizen, gebratenes Fleisch. Das war die volle Dröhnung.
Und so hat es sich auch angefühlt... und war noch einigen Monaten Abstinenz auch doppelt wirksam.
Die bis jetzt erbrachten Beweise legen folgende Interpretation nahe:
Wenn ein durchschnittlicher Mensch Getreide und Milch in für heutige Verhältnisse normalen Mengen verzehrt, werden Belohnungszentren im Gehirn aktiviert. Nahrungsmittel, welche vor der Einführung der Landwirtschaft zur alltäglichen Ernährung gehörten (Früchte usw.), besitzen diese pharmakologische Eigenschaft nicht. Die Wirkungen von Exorphinen sind qualitativ die selben, wie sie bei anderen opiatähnlichen und/oder dopaminergen Drogen auftreten, also Belohnung, Motivation, Angstreduktion, ein Gefühl des Wohlbehagens und vielleicht sogar Sucht. Obwohl die Wirkung einer typischen Mahlzeit quantitativ geringer ist, als die einer Dosis der genannten Drogen, erleben die meisten heutigen Erwachsenen diese Wirkung mehrmals am Tag und das an jedem Tag ihres Lebens.
Wie gesagt, diese ganzen Interpretationen würden sofort hinfällig, wenn man mal 1.000 Laute nimmt und auf eine ausgewogene omnivore Rohkost setzt. Und dann mal die Verhaltensänderungen und die Begierden und Entzugserscheinungen aufzeichen würde.
Man würde erschrecken!
Solange die meisten mehrmals pro Tag ihre Dosis bekommen, ist alles OK, aber wenn man das mal ab- und die Ernährung umstellt, dann bricht das alles hervor. Nicht bei jedem, aber bei vielen würde man plötzlich süchtige Junkies vors sich haben, die trotz paradisischer Fülle nach einem Stück Brot oder einen Teller Nudeln gieren würden.
Danach bräuchte man auch nicht mehr theoretisieren, wie wir zu Landwirten wurden...
Zunächst wurden einzelne Gebiete mit wildem Getreide geschützt und geerntet. Später wurde Land gerodet und Samen gepflanzt und gepflegt, um die Menge und Zuverlässigkeit der Versorgung zu vergrößern. Die Exorphine veranlaßten die Menschen, sich um die Getreide-Gebiete herum niederzulassen sowie ihre nomadische Lebensweise aufzugeben und erlaubte ihnen Toleranz anstatt Aggression zu zeigen, als die Bevölkerungsdichte unter diesen neuen Umständen zunahm.
Die ersten Menschen, die da abhängig wurden, haben sich dann um die Felder gescharrt wie Babys um die Brust (fast hätte ich Zitze geschrieben). Da gabs es das Wohlgefühl und den vollen Bauch.
Und gestern habe ich diesen Artikel gefunden:
13.000 Jahre alte Spuren des Bierbrauens in Israel gefunden
Das passt nochmal so richtig in diese ganzen Überlegungen.
Bier gehört laut einer Reihe von archäologischen Ausgrabungen zu den ältesten Kulturgütern des Menschen. Die bisher ältesten Zeugnisse der Braukunst aus China besitzen laut einer Veröffentlichung im wissenschaftlichen Journal PNAS ein Alter von etwa 5.000 Jahren. Außerdem gibt es Belege darüber, dass auch die Sumerer im südlichen Mesopotamien vor rund 4.000 Jahren Bier konsumierten. Jüngere Funde zeigen überdies, dass im Süden Ägyptens Bier vor etwa 2.000 Jahren als Medikament eingesetzt wurde und dass auch die Gallier im frühen Frankreich vor etwa 2.500 Jahren Bier herstellten.
Muss man sich klarmachen: ein übel schmeckendes Gebräu, welches anzüglich und albern, teilweise auch aggressiv macht, gehört zu den ältesten Kulturgütern des Menschen.
Aber klar: überall, wo schwer gearbeitet werden muss, finden sich Drogen, wo man sich mal so richtig abschießen und dämpfen kann. Das macht das Leben erträglicher.
Deswegen gehören Landwirtschaft und Saufen irgendwie zusammen. Und man findet das Saufen ja auch überall. In jeder Hochkultur wurde ordentlich gesoffen. Bier, Wein, Reiswein, Schnaps, Obstbrände, Met...
Eine detaillierte Untersuchung von drei dieser Gegenstände zeigte Pflanzenrückstände, die darauf schließen lassen, dass die Natufien-Kultur die Mörser zur Herstellung von Bier-Inhaltsstoffen nutzte. Laut den Wissenschaftlern „ist dies das früheste archäologische Zeugnis für getreidebasiertes Bierbrauen – und der älteste Beleg für menschengemachten Alkohol.“ Genutzt wurde dafür laut den Archäologen Wildgetreide.
Ich nehme an, dass man erst anfing, das Wildgetreide zu nutzen, entdeckte, dass es eine psychoaktive Wirkung hat (ich fand Hafer zum Teil schon krass psychoaktiv) und wurde sesshaft und fing dann auch an Bier zu brauen.
Im Gegensatz zu heute vermuten die Wissenschaftler, dass das Bier nicht als Alltagsgetränk, sondern während ritueller Festen wie beispielsweise Totenfeiern getrunken wurde. Laut Li Liu „spricht diese Entdeckung dafür, dass die Herstellung von Alkohol kein bloßer Nebeneffekt eines landwirtschaftlichen Überflusses an Getreide war.“ Bierbrauen wurde stattdessen wahrscheinlich aus rituellen Zwecken noch vor der Erfindung der Landwirtschaft entwickelt.
Kann man vermuten. Ich habe mir mal kurz das Originalpaper angeschaut und das gefunden:
Beer brewing may have been, at least in part, an underlyingmotivation to cultivate cereals in the southern Levant, supporting thebeer hypothesis proposed by archaeologists more than 60 years ago(Braidwood et al., 1953). The earliest cereal-based beer reported here,and the earliest bread remains recently recovered from the Natufian siteof Shubayqa 1 in east Jordan (14,600-11,600 cal BP) (Arranz-Otaeguiet al., 2018), demonstrate the wide range of Natufian technologicalinnovations and their complex social organization.
Liu, L., Wang, J., Rosenberg, D., Zhao, H., Lengyel, G., & Nadel, D. (2018). Fermented beverage and food storage in 13,000 y-old stone mortars at Raqefet Cave, Israel: Investigating Natufian ritual feasting. Journal of Archaeological Science: Reports, 21, 783–793. doi:10.1016/j.jasrep.2018.08.008
Hm.. auch irgendwie entwürdigend, wenn das Saufen am Anfang dessen steht, was wir Zivilisation und Kultur nennen. Nicht Mathematik, Genie, Erfindergeist ... nee ... wahrscheinlich Exorphine und / oder Alk. Und irgendwie passt da auch der verschlechterte Gesundheitszustand rein.
Und wir sind ja immer noch genau da. Alkohol spielt ja auch in unserer Gesellschaft eine sehr große Rolle. Wahrscheinlich gehören Hochkulturen und Saufen / Drogen irgendwie zusammen.
Macht und machte wahrscheinlich das schwere Leben mit viel Arbeit, viel Stress, hoher Bevölkerungsdichte, ständige Konfrontation mit Fremden, Lärm und Kriegen erträglicher.
Und der neueste Fluchtweg ist das Smartphone. Wie schlimm muss diese Welt mittlerweile sein, wenn man lieber auf so ein Ding starrt, statt auf das, was einen umgibt.
Wahrscheinlich sind die Smartphoneuser heute das, was damals die ersten Bierbrauer / Getreide-Exorphinbauern waren: irgendwann blickt man zurück und man wird dann über die Anfänge der nächsten Stufe der Techno-Zivilisation, wenn alles digitalisiert, überwacht, kontrolliert, gesteuert, gelenkt und das Zusammenleben und unsere Zivilisation vollkommen revolutioniert sind, manche sprechen ja davon, dass es genauso krass sein wird wie eben damals vor 10.000 Jahren, nicht sagen können: schaut, es waren Erfindergeist, kühner Weitblick oder schlichtweg Mut, die uns hier hergebracht haben, sondern es war die Smartphonesucht, die das erst ermöglichte.
Im Grunde erleben wir diesen Augenblick wieder, was damals auch passierte. Und so wie uns damals die Ackerbaukultur weniger gesund machte, so macht uns heute das Smartphone zunehmend krank.
Irgendwas hat das Gehirn gehakt und daraus entstand eben das, was man Zivilisation nennt. Und jetzt erleben wir die nächste Eskalationsstufe...
Mittendrin statt nur dabei.
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