Granada 2

05.01.2014 08:12

Ich bleibe dabei, Granada ist ein Drecksloch. Hat aber, das muss man einfach fairerweise sagen, auch sehr schöne Seiten. Gestern hab ich mir mal die ganze Stadt angesehen. Hat gute sechs Stunden gedauert, dann hat man soweit alles durch. 

Was mir sehr gefällt: die Stadt ist sehr farbenfroh und das nicht stillos und kitschig, sondern die Menschen haben einen ausgesprochenen Sinn für Farben. Die Innenstadt mit Kathedrale und Hauptplatz ist auch sehr nett. Die wirkliche Schönheit der Stadt bleibt dem Besucher aber weitestgehend verborgen, denn die findet man zumeist in den wundervoll gestalteten Innenhöfen. Diese sind sehr gepflegt, wundervoll bepflanzt, die Aufgänge und Innenraumbalkone zumeist aus edlen Hölzern gefertigt. Hier lohnt es sich wirklich, mal genauer hinzuschauen. Ich hab manchmal einfach gefragt und bin reingegangen, um ein paar Fotos zu schiessen. 

Sehr lohnenswert war auch ein Besuch in der Galerie der Künste (Galeria de Artes). Hier findet man recht viele preiswerte Kunstobjekte. Von Gemälden bis zu Skulpturen. Natürlich auch einiges an Kitsch, aber insgesamt kann man hier so manches nette Teil entdecken. 

Was mir nicht gefallen hat war der viele Müll, den man hier zum Teil einfach in die kleinen Flüsse wirft, wo er sich dann an den Ufern türmt, bevor er in der nächsten Regenzeit in den Nicaraguasee gespült wird. Wo er sich dann zersetzt und als Mikropartikel wieder in die Nahrungskette gelangt. Es gibt zwar sowas wie eine Müllabfuhr, nur frage ich mich, wo die das dann hinbringen. Nicaragua hat aus meiner Sicht generell ein großes Müllproblem. Das nimmt dem Land dann etwas den Reiz, wie ich finde. Oft wird der Müll aber auch einfach verbrannt. Oder auf die Straße gekippt, zusammengefegt und dann verbrannt. Oder er wird zum Kochen benutzt. Man kann sich ja vorstellen, wie es sein muss, wenn man im Innenraum mit Plastikflaschen ein offenes Feuer macht. Das hat mich auf Ometepe auch schon gestört. Es hängt oft ein Brandgeruch in der Luft. Irgendwer verbrennt immer seinen Müll. Anscheinend werden auch viele Einheimische deswegen von Husten und anderen Lungenbeschwerden geplagt. Leider kriegen sie es aber nicht in den Griff, eine Müllabfuhr zu organisieren. Jedenfalls nicht außerhalb der größeren Städte. 

Das Hostel Oasis findet sich nahe dem Stadtzentrum, ist aber dennoch in einer ruhigen Seitengasse gelegen und bietet für 9 Dollar einen Platz im Dormitorium, inklusive Frühstück, bestehend aus Pfannkuchen, eher uninteressant, und Früchten. Heute gibt es Melone und Bananen. Für Rohies ohne Fruchtzuckerintoleranz also eine Überlegung wert (lol). Dazu gibt es einen kleinen Swimmingpool und freies Internet und es besteht die Möglichkeit, sich kostenlos mit Filterwasser zu versorgen. Aus meiner Sicht ist das echt ein Angebot!

Die Versorgung gestaltet sich hier für mich recht einfach. Der Markt hat täglich geöffnet und wenn man seine Ekelschwelle etwas runterfährt, findet man auch gute Produkte zu fairen Preisen. Die Erdnüsse scheinen ok zu sein, bisher keine negativen Effekte, aber ich bleibe wie immer misstrauisch. lol ... Kokosnüsse gibt es auch bei einigen Straßenhändlern zu kaufen, aber total überteuert. Hier lohnt sich, mal zu handeln. Nach drei Wochen Nicaragua mit Straßenhändlern, Kleinbauern und Märkten hatte ich tatsächlich mal Lust, in einen ganz normalen Supermarkt zu gehen. Und das ist echt wieder eine nette Geschichte. So war ich gestern hier unterwegs, mit einem Stadtplan in der Hand. Ok, da warste schon und da auch und da gibts wohl auch nichts weiter zu sehen, also wieder zurück. Da hatte ich plötzlich den Impuls, doch weiter zu gehen. Ich hab mir ja angewöhnt, auf diese Impulse, Gefühle und meine innere Stimme zu hören und ZACK! Einmal um die Ecke und da war er, der Supermarkt. Und der hatte sogar frischen Fisch im Angebot. Da hab ich nicht lange gefackelt und mir Talapia, was auch immer das ist und weißen Thunfisch gekauft. :-P Genial. Danke, liebes Universum für deine Führung!

Und natürlich gibt es weitere lustige Gesichten aus dem Dorm zu erzählen: Vorgestern Nacht kam mitten in der Nacht ein deutsches Pärchen in den Schlafsaal. Tuschel, tuschel, flüster, flüster, Türen knarksen, Fensterläden werden geräuschvoll geschlossen, die Ventilatoren ausgeschalten, mit der Handybeleuchtung rumgefunzelt. Ich wache auf und bin missgelaunt. Können die nicht einfach mal ins Bett gehen? Ich schlafe im Bett unten und neben mir befindet sich die Steckdose für den Ventilator oben an der Wand. Der Typ findet raus, wo das Kabel langläuft und beginnt, mit dem Arm an der Wand rumzurudern, in der Hoffnung, die Steckdose zu finden. 30cm von meinem Gesicht entfernt. ZACK! Da packe ich zu und greife seinen Arm. Der hat sich vielleicht erschrocken!! lol Ich dachte: na warte man, so nicht, mein Hübscher. Er war dann ganz aufgewühlt und meinte auf englisch: "You scared me!" - ich ganz ruhig: "You scared me!" - "I just wanted to turn the fan off" - "So go ahead, turn it off!" Dann hat er ganz zaghaft die Steckdose gesucht und den Ventilator ausgeschalten, danach war es brüllend heiß im Zimmer und ich hab ihn wieder angeschalten. - Aber der hat nicht gelernt. Letzte Nacht haben die wieder rumgewühlt und gekramt, als schon alle schliefen. Ich bin wieder aufgewacht. Da hab ich den mal beobachtet. Bevor der ins Bett geht, hat der richtig was zu tun: da was kramen, da was suchen, da was neues anziehen, da noch was mit der Alten bequatschen. Und dann hat er sich die Füße in ein Handtuch eingewickelt, sich ins Bett halb gelegt, halb gesetzt und, so schien es mir, die Hände gefaltet und versunken ein Gebet gesprochen. Da dachte ich: Das Einzige, worum du jetzt beten solltest ist Vergebung. Er hatte aber wohl sehr viel profanere Probleme, für die er von höchster Stelle Hilfe erflehte. Die kam anscheinend postwendend. Kurz den Körper verlagert, Prrrrrrppppppppp...einen Furz gelassen, und seelig ermattet niedergesunken. Ich wusste nicht, ob ich lachen, oder rübergehen und ihm voll eins in die Fresse hauen sollte. Ich hab dann erstmal pinkeln gegangen... Freaks rennen hier rum. Alter Schwede.  

Insgesamt muss man schon sagen, dass es vor allem Mittelklassekids sind, die hier rumrennen. Wohlorganisiert, sprachgewandt, immer mit Smartphone, Handy oder Laptop ausgestattet. Man redet über die bisherigen Erlebnisse, was wo gut war, was man unbedingt sehen muss. Es sind mehrheitlich Minutenkontakte, Stundenkontakte, Tagekontakte. Man spricht miteinander, reist ein Stück gemeinsam, geht dann wieder auseinander. Woher kommst Du? Wie heisst Du? Wohin gehts als nächstes? Wo warst Du schon? Wie komme ich da und da hin? Ist es gut da? Man tauscht Informationen aus, man geht ein kleines Stück des Weges gemeinsam. Dann geht man wieder auseinander, jeder seine eigenen Pläne und Ziele verfolgend. Es sind Freundschaften im Minutentakt, Stundentakt, Freunde für ein, zwei Tage. Unbeständig und zufällig. Wie Wolken, die sich am Himmel finden, bevor sie vom Wind wieder auseinandergetrieben werden... 

Fotos von Granada gibts hier: 

www.facebook.com/matthias.brautschek.3/media_set?set=a.10202769369624873.1073741829.1519138220&type=3

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