auf nach Nicaragua

10.04.2014 08:27

So, jetzt bin ich wieder in Nicaragua, nachdem drei Monate rum waren und das Visum abgelaufen ist. Los ging es Dienstag früh um 7.00 mit dem ganz normalen Direkt-Bus von Hone Creek nach San Jose. Als ich aufstand, hat es geregnet wie Sau und bin bin trotz Regenjacke nass geworden. Auf die Hose ist es getropft und unter der Jacke hab ich geschwitzt. Also rein in den Bus, ein schönen Platz gesucht und erstmal umgezogen. Da sass ich dann für ein paar Minuten erstmal nur im Schüpper rum. Hat gott sei Dank keiner gesehen. Nach etwas über vier Stunden bin ich dann in San Jose angekommen. Die Stadt ist wirklich ein Drecksloch, hat aber irgendwo ihren Charm. Dort oben war es angenehm warm und windig. Man kann sich schon vorstellen, wieso die meisten Menschen dort oben wohnen, und nicht im feucht-heissen  Klima der Karibikküste. 

In San Jose hab ich dann den Bus gewechselt und bin nach Liberia gefahren. Die Busfahrt war eher unangenehm, weil der Bus eine Klimaanlage hatte und die war wieder auf Maximum eingestellt. Somit ist es in den Bussen zumeist arschkalt. Besser sind die Busse, wo man die Fenster aufmachen kann. Finde ich angenehmer. 

Beeindruckend ist der Wechsel der Landschaften auf dem Weg vom Südosten zum Nordwesten. Da ist diese üppige, immergrüne, feuchtheisse Natur an der Karibik, der immergrüne Regenwald in all seiner Pracht und Üppigkeit, seiner Artenvielfalt und seiner gesunden, kräftigen Menschen. Dann das Bergland ebenfalls mit immergrünen Berg- und Nebelwäldern. Dann die Hochebene mit seiner fast europäisch anmutenden Vegetation und Siedlungsstrucktur. Weiter Richtung Nordwesten wird es dann trockener. Hunderte nun tragende Mangobäume stehen entlang der Strassen, bevor man dann in den trocken-heissen Nordwesten kommt. Diese ausgedörrte Savannenlandschaft, die strohgelb und golden scheint und warmrot in der Abendsonne. Mit riesigen schirmartigen Bäumen, grossen Rinderherden und Vulkanbergen. Beeindruckend. 

In der Hauptstadt des Verwaltungsbezirkes, Liberia, waren es dann auch noch abends 35 Grad. Es ist aber ein Unterschied, ob es eine trockene Hitze, oder eine feuchte Hitze ist. Für mich ist diese trockene Hitze angenehmer. Es weht zumeist auch ein kräftiger Wind über das Land und macht es erträglicher. Ich bin wieder im selben Hostel abgestiegen, der Besitzer hat mich sogar wieder erkannt, bin abends noch etwas durch die Stadt geschlendert bevor ich todmüde ins Bett bin. 

Mittwoch ging es dann weiter mit dem Bus von Liberia nach Peñas Blancas, der Grenzort zu Nicaragua. Am Busbahnhof hab ich einen netten Franzosen kennengelernt, ein Lokführer aus der Nähe von Luxemburg, mit dem ich die weitere Reise bestritt. An der Grenze mussten wir dannetwas warten, weil viele Leute auschecken wollten. Wenn man Glück hat, ist keiner da und es geht recht fix, wenn man Pech hat, sind grade zwei Busse angekommen und es bilden sich lange Schlangen. Und ganz blöd ist es, wenn man schon über ne Stunde in der Schlange steht, man es dann endlich bis zum Schalter geschaft hat, nur um dann zu merken - wieso haben eigentlich alle zwei Zettel in ihren Pässen für den Zoll und was zum Henker ist denn diese Ausreisesteuer von 10 Dollar? Und wieso kann ich die nicht am Schalter bezahlen, sondern muss die ganz wo anders entrichten??? Und seit wann gibt Scheiss eigentlich? Ok, also wo zum Henker muss ich das bezahlen? Dort hinten. Ok, als Du wartest hier und ich gehe schnell, das bezaahlen. Und dann konnte ich costaricanische Professionalität erleben. Die Hütte, wo man die Steuer entrichten musste, war keine 200m weg. Also bin ich dort hin und hab mich wieder in die Schlange eingereiht. Nach 20 Minuten war ich dran und hab meine Steuern bezahlt. Das ging so: ein junger Mann sass am Computer und nahm meinen Pass und das Geld entgegen, dann wurde der Name und die Passnummer ins System eingegeben. Die Bestätigung kam dann per Fax von irgendwoher. Eine junge (und ausgesprochen hübsche) Einheimische hat das dann mit einem Lineal zurechtgeschnitten, ist rüber zum Kopierer gegangen, hat ne Kopie gemacht und die Bestätigung zusammen mit dem Pass an anderer Stelle wieder ausgegeben. Soweit, so gut. Alles lief glatt, bis der Matthias an der Reihe war. Ich habs schon gleich gewusste, was los ist, als ich das Mädel habe HILFLOS IN DEN Pässen habe rumfummeln sehen, dann ist sie ziellos vom Fax zum Kopierer, wieder retour, um dann wieder in den Pässen rumzufummeln. Mir war sofort klar: das Fax geht nicht mehr. Und so war es dann auch. In Costa Rica geht das dann folgendermassen: man faked Betriebsamkeit. Es wird telefoniert, es werden die Pässe durchwühlt (Zuwas? Das Problem ist das defekte Fax!) Es wird schlussendlich aufgegeben. Vorgesetzte müssen her. Die machen Folgende: sie telefonieren, sie durchwühlen die Pässe (DAS PROBLEM ist das DEFEKTE Faxgerät), sie schwitzen, sie geben auf. Neue Vorgesetzte müssen her. Die machen Folgendes... sie telefonieren, sie durchwühlen die Pässe. Göttlich. 

Währen da nur nicht die vielen Leute, die langsam die Geduld verlieren, nachdem sie vertröstet wurden und es 100m weiter eine andere Stelle gibt, wo man bezahlen kann. Und auch nach den versprochenen 15 Minuten gabs keine Lösung, es war auch keine in Sicht. Das Fax spukt jetzt alle alten Bestätigungen aus. Man durchwühlt wieder die Pässe, nichts passt. Man schwitzt weiter. Die beiden kleinen Angestellten sitzen jetzt da und machen nichts mehr. Der Mob wird langsam richtig böse. Pass her! Ich hab bezahlt!! Macht doch einfach ne Liste (das war Matthias Vorschlag), man rüttelt an den Gitterstäben. Die beiden nun verantwortlichen Vorgesetzten greifen zum letzten Mittel: Telefonieren, Pässe durchwühlen.  

Zwei Frauen aus San Jose, mir war sofort klar, dass das Hauptstädter sind, haben wirklich Druck gemacht (in die eine hab ich mich gleich verliebt). Aber die wollten die Pässe nicht rausgeben, noch das Geld zurückzahlen. Weitere 90 Minuten vergangen. Da hatte einer die rettende Idee. Ein neues Fax muss her! Vielleicht hat man es ihm auch am Telefon gesagt. Dann kamen die beiden jungen Frauen aus SJ mit der Polizei an. Pässe her! Es wurde viel argumentiert. Der Polizist, ein alter Beamter mit einem Gesichtsausdruck wie ein altes Brot, war sichtlich überfordert. Der Beamte drinnen spielt auf Zeit, das neue Faxgerät soll die Wende bringen… da! Noch ein Polizist. Der Mop ist jetzt richtig in Fahrt. 

Und dann, nach knapp 2,5 Stunden sinnloser Wartezeit, spukt das neue Fax endlich die neuen Bestätigungen aus. Leider von hinten angefangen. Die, die als letzten bezahlt haben, bekamen die Bestätigung als erstes. Die beiden Frauen bekamen Pass und Geld zurück, die Polizei war zufrieden und der Mob beruhigt sich wieder. Doch da.. auch das neue Fax gibt auf. Ok, jetzt gehts nicht mehr anders, alle Pässe werden rausgerückt, das Geld auch (und das ging nicht schon vor zwei Stunden???) und die Gruppe wurde immer kleiner. 

Und dann stand da als Letzter, einsam vor dem Schalter der Matthias. Und dann frug mich der Beamte, ob er es mit meinem Pass nochmal versuchen könne. Nur fünf Minuten solle es dauern. Na ok.. und es dauerte nur drei.... Und so hab ich knapp drei Stunden alles in allem alleine für das Bezahlen der Steuer gebraucht. Die Auscheckhalle war nun ganz leer, mein französischer Mitreisender sass sorgenvoll am Rinnsteig. Staub wehte übers Land. Der Beamte am Schalter schaute Championsleague... und nach mehr als vier Stunden sind wir dann endlich über die Grenze nach Nicaragua. Da muss man auch bezahlen. Eine Einreisesteuer. Aber die machen das anders: Geld hinlegen, Stempel, Unterschift – fertig. Das einzige, was passieren kann, ist das Kuli oder Stempel keine Tinte mehr haben. Ist leicht zu beheben. Und das sind dann halt die kleinen aber feinen Unterschiede zwischen einen modernen und einem unterentwickelten Land. 

Weiters bleibt anzumerken, dass ich zwei neue Favoriten der hässlichsten Rückentattoos bei Frauen habe. Ein Mädel an der Grenze hatte auf der linken Schulter einen kahlen kleinen Baum tätowiert, von dem eine Schar Vögel wegflogen (wahrscheinlich Richtung Süden, war ja schliesslich später Herbst / früher Winter). Kein Tattoo hat mich bislang so depressiv gestimmt wie dieses. Man kann sich aber vorstellen, dass bei sexuellen Kontakten in besonderen Stellungen der Blick auf solch ein Tattoo verhütend, zumindest aber orgasmusverzögernd wirkt. Ob das die Absicht der jungen Dame aus Europa war? Im wahrsten Sinne des Wortes den Vogel hat aber eine stämmige Amerikanerin abgeschossen, die hier im Hostel, dem selben, wo ich schonmal abgestiegen bin, gesehen habe. Auf ihrem Rücken blickte mich eine in groben Stichen tätowierte Eule an. Mit ausgebreiteneten Flügeln und starrem, die Beute fixierendem Blick schaute dieses Monstrum in die Welt ... und direkt in die Augen desjenigen, der sich hinter ihr befindet. Es gibt im Tierreich ja viele ähnliche Beispiele, wo Arten mittels abschreckender Flügelzeichnungen versuchen, nicht gefressen zu werden. Das Tagpfauenauge sei da nur genannt. Arten, die diesen Schmetterling fressen wollen, sollen ja von den eulenhaften (!!!) Flügelzeichnungen von ihrem Ansinnen abgebracht werden. Ok, wie ein Schmetterling sah das werte Fräulein nicht aus. Dann bleibt zu vermuten, dass sie eventuell einen Ornitologen als Lebenspartner präferiert, der in Momenten höchster Extase durch den Anblick von Asio otus oder Tyto alba noch weiter in die himmlischen Spühren katapultiert wird.

Das aber nur kurz angemerkt. Man merkt mir hoffentlich meine Intoleranz und gradezu körperliche Abneigung gegen schlecht tätowierte Weiber mit dem Benehmen eines Bauerntrampels an. Schlecht tätowierte Weiber an sich sind aber schon schlimm genug. 

Ansonsten sind wir, mein Begleiter und ich dann weiter nach Rivas und von dort nach Granada gefahren. Der Bus war wie immer in Nicaragua, meiner heimlichen, stillen Liebe, proppevoll. Auf der Fahrt hat uns dann auch der hoch aus dem Nicaraguasee aufragende Vulkankegel des Conception begrüsst, dieser magische Anblick ist wirklich eine Reise wert! Und an den Strassen werden Mangos in Hülle und Fülle angeboten. In Granada selber bin ich wieder erstaunt über das Gefühl für Stil und Farben, dass die Menschen hier an den Tag legen. Man kann sich die verborgene Schönheit Granadas aber nur durch einen Blick in die Innenhöfe der Wohnungen, Hotels / Hostels und Galerien erschliessen. 

Gestern abend hab ich dann zwei sympathische Menschen aus Australien, bzw. Neuseeland getroffen. Wir haben uns stundenlang über Gott und die Welt unterhalten. Die beiden waren sogar an der Rohkost interessiert und kannte diese Ernährungsweise, diese meine nächste heimliche, stille Liebe. Sie sind heute weiter in den Norden Nicaraguas und haben mir sogar angeboten, mal nach Australien zu kommen. 

Beim Essen bin ich grade dabei, mal einen Versuch zu machen, nur Früchte zu essen. Früchtefasten quasi. Papayas hab ich ja schon seit einiger Zeit wieder im Programm. Bislang mit guten Ergebnissen. Mangos hab ich gestern und heute mal probiert. Ich möchte mal schauen, wie das funktioniert, zumindest mal ein paar Tage. Nach einigen Wochen ohne oder mit wenig Fruchtzucker ist es zumeist anfangs recht unproblematisch. Und hier gibt es eben grade super Papayas, Mangos (jetzt lacht der Jörg!!), eine Art Sapotille und Avocados. Schauen wir mal. Ist jetzt der dritte Tag und bisher fühlt es sich gut an und bei über 30 Grad kühlen die Früchte auch gut. Und in Nicaragua ist die Auswahl eben tatsächlich kleiner als in Costa Rica. Auch was Gemüse anbetrifft. Und ich hab heute Erdnüsse auf dem Markt entdeckt. An dem Stand hab ich schonmal gekauft und werd wohl noch welche für die Schiffsreise mitnehmen. 

So, erstmal Füsse hochlegen, die tun mir vom vielen rumlaufen weh. Ich hab grade wirklich keine Lust und eine echte körperliche Abneigung, Sport zu treiben und vor allem viel zu Fuss rumzurennen. Ich hab nach nun mehr fünf Monaten nur eines, was ich WIRKLICH vermisse. Ungestört auf der Couch liegen, den Laptop auf dem Bauch und durch das Musikangebot auf youtube browsen, Filme und Videos schauen und mal alle fünfe grade sein lassen. Man mag es nicht glauben, aber hier bin ich immer unterwegs. Mir ist aufgefallen, dass grade solche Gewohnheiten, die mit starken positiven Empfindungen gekoppelt sind, einen Mix aus verschiedenen Komponenten darstellen. Es ist das Gesamtpaket, dass die Gewohnheit, bzw. die tiefe Entspannung ausmacht. Die Couch ohne Laptop? Langweilig. Der Laptop oder Internetzugang ohne Couch? Unbequem. Das Internet ohne Zugang zu z.B. Alpha-Centauri Videos? Uninteressant. Erst der Mix macht es zu einer angenehmen und entspannenden Erfahrung. Fehlt eines dieser Komponenten, also wie jetzt hier andauernd, stellt sich dieses Wohlgefühl einfach nicht ein. So, jetzt aber...

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