Von Menschen für Menschen

28.05.2016 12:45

Also ich muss ja ehrlich sagen, ich lese gerade gerne den Blog von Hadmut Danisch. Es finden sich dort erhellenden Beiträge.

Bei allem Lesen auf den Nachdenkseiten, Propagandaschau, Telepolis und andere ist mir vor allem eines bewusst geworden: die Probleme unserer Gesellschaft lassen sich auf ein Satz zurückführen: "Der Mensch steht nicht mehr im Mittelpunkt." - das ist das Grundübel unserer Zeit. Egal wo man hinschaut, es findet sich kaum noch etwas, was von Menschen für Menschen ist, sondern der Mensch ist entweder nur Mittel zum Zweck, oder stört sogar.

Ich will das begründen: als erstes möchte ich das Konzept des Rohkosttreffens erläutern, dass sich nun zum siebten Mal jährt. Ich habe es immer so gesehen: "Von Rohköstler für Rohköstler (und solche die es werden wollen)". Es gab von meiner Seite aus nie finanzielle Interessen, sondern der Mensch, in dem Fall der der an der Rohkost interessiert ist, steht im Mittelpunkt. Dieser Mensch soll sich wohlfühlen, etwas lernen, etwas mitnehmen, im besten Fall auch etwas heilen und Spass haben am Ende des Tages. Bei diesem Konzept steht also der Mitmensch im Mittelpunkt.

Das hat bisher ganz gut funktioniert. Letztes Jahr war es ja ein wunderschönes Treffen. 

Im realen Leben ist das etwas ganz anderes mittlerweile. Da steht fast nirgends mehr der Mensch im Mittelpunkt, sondern finanzielle Interessen, Zahlen, Statistiken, Ideologien usw usw.... und das ist es auch, was die Menschen (zu Recht!) zunehmend auf die Barrikade treibt. Denn wenn etwas von Menschen für Menschen gemacht wird, erfüllt es alle. Und diese Erfüllung ist seelische Nahrung, die wir genauso brauchen wie normales Essen. Wenn man aber spürt, dass eigentlich das Auto des Chefs, die Gewinnmaximierung, die Ideologie, oder schlichtweg nur das Geld im Mittelpunkt steht, dann fehlt zunehmend diese geistige Nahrung. Die Folge sind Depressionen. 

Früher waren die Geschäfte eher Beiwerk zum mitmenschlichen Austausch. Man traf sich zum Pferdehandel, oder auf dem Markt oder wo auch immer und schwatzte, lachte, stritt oder erzählte sich was und wie nebenbei machte man seine Geschäfte, Einkäufe etc. Hier fand also immer auch ein Austausch zwischen den Menschen statt, der über die materiellen Güter hinausging. Ich selber habe das mit meinem Biohändler und meinem damaligen Wildhändler auch so erlebt. Irgendwann war man befreundet, schwatzte, man zeigte sich Bilder der Kinder, teilte Sorgen und wie nebenbei fand auch ein Warenaustausch statt. Und das war dann für alle Beteiligten befriedigend.

Sowas ist aber an der Kasse bei Kaufland unmöglich. Es ist nicht mehr "von Menschen für Menschen".

Manchmal stören die Menschen sogar. Stichwort Naturschutz. Da würde man ja oft am liebsten die Menschen verbannen. Aber auch da wäre es sinnvoll, die Menschen einzubinden und ihnen klar zu machen, dass die Schutzgebiete von Menschen für Menschen sind. Statt den Leuten alles zu verbieten und sie aus der Natur zu jagen. 

Stichwort Ideologien: hier stört doch der Mensch auch! Für die Linken sind die Rechten eine Zumutung, für die Liberalen die Konservativen usw. Gerade die AfD ist ja nun für viele ideologisch nicht mehr zu verkraften, so wie früher die Linke oder die Grünen vielen gegenteiligen Ideologen schwer im Magen lagen. Das Problem auch hier: die Ideologien sind nicht von Menschen für Menschen, sondern im Grunde abstrakte Denkmuster.

Von der Politik wollen wir mal garnicht reden. Da findet sich natürlich auch keine Politik mehr, die von Menschen für Menschen gemacht wird, sondern die den Interessen von Konzernen etc. dienen soll. Natürlich, so kann man einwenden, sind das auch Menschen, aber wenn man genau hinschaut, stehen auch bei diesen "Gewinnern" die Zahlen und Kontostände im Mittelpunkt.

Energetisch ist das alles zutiefst unbefriedigend und wenig bis gar nicht erfüllend. Weder für den einen, noch für den anderen. Im Grunde müsste man aufhören, für Geld zu arbeiten, sondern für das Wohlergehen des anderen, des Mitmenschen. Das sollte die Motivation sein. Und da jeder wie er mag und nach Berufung. Wenn der Bauer für das Wohl seines Mitmenschen arbeitet, wird er automatisch gute Lebensmittel produzieren. Wenn der Politiker das Wohl seiner Mitmenschen im Auge hat, wird er von selbst die entsprechenden Entscheidungen treffen, wenn der Handwerker das Wohl seines Kunden im Auge behält, wird er nicht rumpfuschen. Wenn der Arzt wirklich das Wohl seines Patienten an höchste Stelle setzten würde, würde er ihm nicht die Tabletten verschreiben, die ihm vorher der Pharmareferent aufgeschwatzt hat.

Davon sind wir natürlich meilenweit entfernt. Der Bauer produziert das, was Gewinn bringt, der Politiker bedient vor allem seine Klientel, der Handwerker muss schauen, dass er überlebt und der Arzt bedient Pharmainteressen.

Dennoch scheint es für unsere Gesellschaft überlebenswichtig zu sein, dass wir uns wieder darauf besinnen, dass nur der Mitmensch zählt, und nicht die reinen materiellen Reichtümer, zu deren Anhäufung man den Mitmensch benutzt.

Ich vermute, dass diese fehlende geistige Nahrung, die tiefere Ursache für die weit verbreiteten Depressionen sind. Die sind wahrscheinlich nur ein Ausdruck für den tiefen Hunger nach entsprechender Energie, wird aber nie oder nur sehr wenig befriedigt.

Vor diesem Hintergrund stimmt die Aussage, dass wir in einer zutiefst (den es betrifft tatsächlich den Kern des Menschseins) kranken Gesellschaft leben. 

Wir müssten alles neu organisieren: Wirtschaft muss dem Menschen wieder dienen, und kein Selbstzweck sein. Das Gesundheitswesen muss wieder den Menschen als Ganzes wahrnehmen und nicht der Gewinnmaximierung von Pharmakonzernen, die widerum nur dazu da sein sollten, dem Wohl der Menschen zu dienen. Schule muss das Wohl und die natürliche Neugierde der Kinder fördern, statt Lehrpläne erfüllen zu wollen.

Man kann fast alle Probleme der Gesellschaft unter diesem Blickwinkel betrachten und man ist erstaunt, wie oft die Ursache tatsächlich im nichtbeachten der "Von Menschen für Menschen"-Rangehensweise liegt. In der Schule zum Beispiel. Wenn man genau analysiert, merkt man, dass es eben nicht von Menschen für kleine Menschen organisiert ist, sondern von Lehrern, Kultusministerien und Eltern für Schüler. Von etwas Abstrakten, Institutionelles für etwas Abstraktes. Und bei dieser Abstraktion geht etwas Mitmenschliches verloren und das spüren die Kinder und reagieren entsprechend. Meist mit Demotivation oder anderen Verweigerungen, die man dann mit Notensystemen und anderen Zuckerbrot und Peitsche-Systemen begegnen muss. 

Wenn ich jetzt zum Beispiel im Garten arbeite, dann ist das auch vom Mensch für den Mensch. Ich arbeite für mich selber und für mein eigenes Wohlbefinden. Und wahrscheinlich befriedigt diese Arbeit deswegen so. Weil man eben für den Menschen, in dem Falle ja man selber, oder die Familienmitglieder, arbeitet und das Ergebnis der Arbeit eine Steigerung des eigenen Wohlbefindens oder dessen der anderen ist. Die Energie kommt über die Produkte direkt wieder zu mir zurück und verstärkt sich, ähnlich eines Wirbels, immer mehr. Je mehr ich reinstecke, desto mehr Positives kommt raus, desto mehr bin ich motiviert, wieder neu Energie zu investieren. Der Antrieb kommt dann aus sich selbst heraus und braucht keine Zuckerbrot- und Peitsche-Systeme, um zu funktionieren.

Ich glaube, so würde es überall funktionieren. Zumindest hat es mich jetzt sieben Jahre immer wieder motiviert, ein Treffen zu organisieren (und ich würde noch mehr machen, wenn ich eine Lokation wie in Bobbe hätte). Das sind dann selbstverstärkende Prozesse. Je mehr sich der Patient wohl und gesund fühlt und auch ist, desto mehr Motivation hat man ja, um diesen Weg weiter zu gehen. Je motivierter und neugieriger die Kinder sind, desto mehr ist man ja motiviert, diesen Weg weiter zu gehen. Das sind dann sich selbst verstärkende Prozesse, die keinen Zwang, kein Zuckerbrot und keine Peitsche mehr bedürfen. Das kommt dann mehr und mehr aus sich selbst heraus.

Es führt im Grunde kein Weg am "von Menschen für Menschen"-Ansatz vorbei. Alles andere wird vergehen und dabei wahrscheinlich nur enormen Schaden anrichten.

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