Staat und Religion

09.10.2014 20:52

Es ist ja bei vielen Religionen anscheinend ein großes Ziel, Religion und Staat als eines zu sehen. Da kam mir heute die Idee, dass es wohl tatsächlich irgendwann einmal so sein wird, aber natürlich nicht so, wie es sich die Gläubigen von heute vorstellen. Gott ist Liebe. Liebe ist Gott. Man spricht auch von göttlicher Liebe.

Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. (1. Johannes 4,16)

Natürlich haben fast alle, die einen Gottesstaat wollen, egal welcher Religion sie nun angehören, all zu oft etwas ganz anderes im Sinn als Liebe. Und deswegen müssen diese Versuche auch oft gewaltsam erzwungen werden und sie tragen schon den Keim des Scheiterns, des Verfalles in sich. Denn die Menschen spüren es, dass hier etwas nicht ganz passend ist. Und alles, was nicht ganz passend ist, wird eben wieder verfallen. Und die Welt wäre "gottlos", wenn "das Falsche" nicht vergehen würde.

Vielleicht wird es aber tatsächlich mal Menschen geben, die so reif sind, dass sie die Liebe und auch die Liebe der anderen im Herzen spüren. Und wenn das irgendwann bei sehr vielen Menschen der Fall ist, dann mag es sogar sowas wie einen "Gotteststaat" geben. Der wird aber weder Hierachien, noch Gewalt, noch Unterdrückung kennen. Sondern es wird ein Staat sein, wo die Menschen die Liebe leben, wo man das Ego zurücksetzt und wo man im Solarplexus erfüllt ist. Wo echte Mitmenschlichkeit herrscht, und wo Liebe und auch sexuelle Energien FREI fließen. Ohne Blockaden und ohne Panzerungen und Versteifungen. Es wird Freude herrschen, es wird Liebe gelebt werden im Denken, im Fühlen und im Handeln, es wird dann wirklich wieder Frieden sein, weil man erkennt, dass alles, was man anderen Böses tut, man sich selber antut. Man wird aus der EINHEIT handeln, nicht aus dem Gefühl des Ich. 

Ich glaube auch, dass die rohe Ernährung einen großen Anteil an dieser Entwicklung haben wird, fallen doch jetzt die ganzen endogenen Erregungen weg, wird doch der Geist klarer und das Herz offener. Ich selber habe keine Erklärung wie genau das funktioniert, aber meine Erfahrungen sind, dass wenn viele Rohies zusammenkommen, es oft erstaunliche Energien gibt. Energien, die so klar oft nirgends zu finden sind. Das Essen von lebendiger Nahrung und das Trinken von reinem Wasser scheint wie eine Politur für unsere innere Linse zu wirken, die diese Energien bündelt. 

Aber ich bin mir auch bewusst, dass das wahrscheinlich noch viele Generationen dauern wird. Wahrscheinlich sind wir die ersten Seelen, die sich bereit gefunden haben, erstmal den neuen Weg auszuprobieren und zu schauen, wo es eigentlich lang geht. Wenn das einigermaßen klar ist, werden sicherlich mehr und mehr dem nachfolgen. Mit eben den oben genannten Effekten.

Ich hab mich oft gewundert, dass viele die sich so über politische Themen in die Haare kriegen, oder über Religion, dann doch am Ende in der Kneipe sitzen und Bier trinken, oder kochen sich was zum Essen. Wieso sind sie nicht in der Lage, diese fundamentale Gemeinsamkeit zu erkennen?

Mit der Rohkost, so glaube ich, revolutioniert man dies etwas. Denn man ändert etwas auf der tiefsten Ebene des Unterbewussten: der Zelle. Meiner Erfahrung nach ist es etwas Erstaunliches, was man erleben kann, wenn man ausgeglichen Rohkost lebt. Oft habe ich glucksende Glücksgefühle. Oder könnte schnurren vor Zufriedenheit. Oder die Energie fliesst frei die Wirbelsäule hoch. Oder ich spüre, dass ich nicht dieser Körper bin, dieses Ego, sondern mehr. Dass es einen allumfassenden Geist gibt, der sich in jedem Augenblick ausdrückt. Der sich ewig wandelt.

Ich habe manchmal Sachen von ZEN-Meistern gelesen, von Yogis und anderen spitituellen Leuten und dachte: ja logo! Wie könnte es auch anders sein? Und dieses Verständnis kam nicht aus einem intellektuellen Verstehen, sondern ich hab es intuitiv erfasst und gespürt. Und ich glaube, dass die Rohkost, die ja eigentlich materielles Chi, also Lebensenergie, ist, für dieses Erfühlen der "Wahrheit" enormen Anteil hat.

Aber freilich sind das nur Augenblicke. Oft ärgere ich mich über etwas, bin ungeduldig, fühle mich unwohl wegen dies oder jenem, aber dennoch ist alles anders, wenn man mal diese Einheit, dieses Einssein gespürt hat. Es durchdringt auch diesen Ärger und all die anderen Plagen des Menschseins. Und vor allem lernt man, sich selber nicht mehr so ernst zu nehmen und sich mit viel Humor zu betrachten. lol

"Der Pfad des friedvollen Kriegers" war damals mein erstes spirituelles Buch. Dann "Die goldenen Regeln des friedvollen Kriegers". Im Grunde haben mich diese zwei Bücher enorm beeinflusst und ich bin auf dem Pfad des friedvoller Kriegers hängen geblieben. lol

Übrigens. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie sehr die Sexualität auch die Symbolwelt beeinflusst. 

Zum Beispiel das Symbol der Liebe: das Herz!

Einmal Orginal: Hübsch, oder?

Und einmal andersrum: (ich mach es mal schön groß, damit man auch sieht, woher dieses Symbol kommt).

Genau -> nämlich daher.

Liebe und Sexualität sind wohl ebenso untrennbar miteinander verbunden wie Körper und Geist. Im Grunde ist wohl alle Lebensenergie sexuelle Energie. Sexualität sollte deswegen vor allem schön sein, gesund erhalten und Energie schöpfen. Davon kann aber oft keine Rede mehr sein. Bei wem fliesst denn die Energie noch beim Orgasmus direkt die Wirbelsäule hoch ins Gehirn (und darüber hinaus)? Bei wem pulsiert es denn noch wirklich und durchzuckt alle Glieder? Bei wem ist denn Liebe und Sexualität noch untrennbar miteinander verbunden? Leider ist aber so wie die Liebe oft gestört ist, auch die Sexualität oft gestört. Pornographie, Sadismus, Machstspiele, Egoismus, Prostitution, flache Befriedigung, dass sind alles Zeichen, dass etwas gehörig schief läuft im System "Liebevolles Menschenwesen" und "liebevolle Gemeinschaft"

"Die seelische Gesundheit hängt von der orgastischen Potenz ab, das heißt vom Ausmaß der Hingabe- und Erlebnisfähigkeit am Höhepunkt der sexuellen Erregung im natürlichen Geschlechtsakt. Ihre Grundlage bildet die unneurotische charakterliche Haltung der Liebesfähigkeit. Die seelischen Erkrankungen sind Folgen der Störung der natürlichen Liebesfähigkeit. Bei orgastischer Impotenz, unter der die überwiegende Mehrzahl der Menschen leidet, entstehen Stauungen biologischer Energie, die zu Quellen irrationaler Handlungen werden. Die Heilung der seelischen Störungen fordert in erster Linie die Herstellung der natürlichen Liebesfähigkeit. Sie ist von sozialen Bedingungen ebenso abhängig wie von psychischen."  (Wilhelm Reich)

Man muss das wirklich verstehen, dass ein Mensch mit frei fliessenden Energien ein gesunder Mensch ist. Selbst entscheidend, Hierachien ablehnend, mitmenschlich, liebevoll. Und wie würde eine Welt aussehen, die mehr und mehr gesunde Menschen trägt? Statt "uns", die wir in einer Gesellschaft mit langer Unterdrückung der Sexualität aufgewachsen sind. Und was würde das für die derzeit regierenden Institutionen bedeuten?

Es macht also durchaus Sinn, den Horizont etwas zu erweitern und sich auch einer Heilung der Liebesfähigkeit zuzuwenden. Die Arbeiten von Wilhelm Reich scheinen hier bahnbrechend zu sein. Um wirklich gesund zu werden, muss man körperlich durch die Entgiftung, Rohkost hilft da ungemein. Aber auch geistig muss man wieder durch diese zweite Schicht, die Reich beschreibt. Durch all die unguten Gefühle wie Hass, Zorn, Wut, Ekel, Trauer. Um wirklich wieder ein befreites liebevolles Menschenwesen zu werden.

Die erste Schicht lässt sich als das Zentrum, den biologischen Kern des Menschen verstehen. Dieser beinhaltet die primären, natürlichen und lebensbejahenden Impulse, d.h. einfache, spontane und aufrichtige menschliche Strebungen. Aus diesem Kern heraus, sah Reich das Kind von seiner Existenz an, als ein Wesen, welches von seinem Ursprung her ganz der Welt zugewandt und in der Lage ist, seine Primärimpulse und Grundbedürfnisse offen und lustvoll nach außen zu richten. Es besitzt volle Kontakt- und Liebesfähigkeit. Folglich war es Reichs Überzeugung, dass der Mensch durch natürliches Wachstum zu einem sozialen und liebevollen Wesen wird, der besten Falles, auch in späteren Jahren noch, in der Lage sein wird, aus seinem Zentrum heraus zu leben, was bedeuten würde, dass er authentisch mit sich selbst ist und der jeweiligen Situation und seiner individuellen Prägung nach angemessen seinen Gefühlen Ausdruck verleihen kann (Fähigkeit zu Intimität und Liebe, zur Lust, zum Hass, Wut, Trauer Freude ect.).

Durch traumatische Erfahrungen oder repressive Erziehungsmethoden, bei denen das Kind genötigt wird seine Grundbedürfnisse und Primärimpulse zu unterdrücken, entstehen verzerrte, oft destruktive Impulse (z.B. antisoziale Handlungen). Diese negativen Affekte kommen in der zweiten Schicht des Menschen zu Tage. D. Boadella bezeichnet sie als "gefährliche, groteske und irrationale Impulse und Phantasien der alptraumhaften Welt des Freudschen verdrängten Unbewussten" (D. Boadella 1988 : 47). Aus Lebensfreude wird Lebensangst, aus natürlicher Sexualität wird pornographisches Denken oder aus natürlichen Aggressionen wird Destruktivität. Diese zweite Schicht ist ein Kunstprodukt unserer Gesellschaft, sie ist unbewusst und wird, wenn überhaupt, als innere Leere empfunden.

Im Interesse einer einigermaßen funktionierenden Gesellschaft, ist es teilweise jedoch notwendig, die Sekundärimpulse der zweiten Schicht zu unterdrücken. Diese pervertierten, destruktiven Impulse prallen meist recht schnell zusammen mit äußerem Druck, mit Strafe oder Ablehnung. Aus dieser Doppelunterdrückung entwickelt sich dann die dritte Schicht, die soziale Fassade und die Anpassung, verbunden mit ihrer unaufrichtigen Haltung von künstlicher, zwanghafter Freundlichkeit, Nachgiebigkeit und Gleichgültigkeit (aus Reich 1987 : 175 f., D. Fuckert 1995 : 71f.).

Es ist kein Wunder, dass man die Bücher von Reich verbrannt hat und ihn bis heute nicht die gebührende Aufmerksamkeit schenkt. Derjenige, der mich mit diesem Schmerz konfrontiert, zieht den Hass auf sich. Der wird gekreuzigt.

Die sanfte Lösung der Blockaden ist die Lösung.

Da hat der Bernd Senf wirklich recht.

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