
Zur Zeit macht die Rohkost keine Spaß
06.05.2017 00:03Irgendwie fehlt die Auswahl. Gutes Gemüse gibt es gerade keines, das aus dem Bioladen ist auch nur Massenware und kann im Vergleich mit Gartenprodukten nicht standhalten, Nüsse finde ich arschtrocken, Früchte sind wieder out (Ziehen in den Zähnen -> Generalsperre), Fleisch ist auch irgendwie langweilig, fasten will ich aber auch nicht, Wildkräuter gehen nur in Minimengen. Linsen, ok, die sind gerade recht gut, aber da hört es schon auf. Sesam ist genauso trocken wie ein Wüstenwind. Fisch ist schon lange out...
Das macht mich richtig unzufrieden und mürrisch. Aber ich glaube das ist nicht der wirkliche Grund.
Irgendwie fühle ich mich bedrückt. Und ich habe mitbekommen, dass ich dann dazu neige Kummerspeck anzusetzten. Das habe ich schon öfters beobachtet, dass, wenn es mir emotional nicht gut geht, ich dicker werde. Nicht fett, so dass man mich aus den Bett rollen muss und ich nur im Wasser überleben kann, weil ich sonst von meinem eigenen Gewicht erdrückt werde, aber doch merklich.
Wenn ich bedrückt bin, dann verliere ich den Spaß an der Bewegung, esse zuviel, hänge öfters mal rum, habe leichter eine Erkältung und bin insgesamt weniger gut drauf. Oft merke ich das selber gar nicht wirklich, sondern denke es liegt an anderen Dingen, bis es mir irgendwann dann mal dämmert.
Oft genau dann, wenn ich wieder stärker in den Kontakt mit meinem inneren Kind komme. Das ist ja das, was Energie gibt. Aber das möchte ich jetzt nicht weiter ausführen, sondern wer will, kann es bei Dan Millman mal nachlesen (einfach aufs Cover klicken):
Und wenn ich dann wieder Sport machen will, ich aber irgendwie nicht so die Begeisterung und Motivation habe wie sonst, frage ich mich natürlich, woran es liegt. Und dann komme ich eben ab und an mal drauf, dass mir mein inneres Kind keine Energie gibt, eben weil es bedrückt ist (was natürlich heisst, dass ICH bedrückt bin, aber manchmal wirkt sowas eben unterbewusst).
Mit Rohkost wird man nun nicht wirklich übergewichtig, aber man kann auch ansetzten. Wobei ich da natürlich auch immer die Qualität der Produkte in Verdacht habe. Aber insgesamt ist es wohl eher die emotionale Schiene. War jedenfalls bisher immer so.
Aber manchmal kann es einen aber auch alles ankotzen.
Das sind oft viele kleine und einige große Dinge, die einen irgendwie bedrücken.
Ein Grund ist, dass ich mir irgendwann bald wieder einen Job suchen muss. Irgendwann muss ja mal wieder Geld reinkommen. Aber wenn ich sehe, was mir die Gesellschaft anbietet, könnte ich wegrennen, so weit es geht. Entweder unterbezahlte Sklavenarbeit, oder wieder weit weg pendeln, oder Bullshit-Jobs, ich hab das ja alles durch. Das was mich wirklich interessiert, was mich begeistert und bewegt und antreibt, tja, damit kann ich kein Geld verdienen und weiß nicht mal, ob ich das will.
Diese ganze Gesellschaft hat irgendwie nichts mehr für mich. Das ist eine bittere Erkenntnis. Es ist eine reine Kochkostgesellschaft, die Kochkost-Konzepte anbietet und das in allen Lebensbereichen von der Wiege bis zur Bahre.
Wenn man es sich mal genau betrachtet: ich habe hier auf knapp 3.000m² ein kleines Paradies geschaffen. Ich bin heute durch den Garten gegangen und gedacht: das hast DU erschaffen! Das ist alles ganz von alleine aus dir selber hervorgegangen (und ich habe noch viele Ideen!!). Aber ich merke immer wieder, dass ich auch der Einzige bin, der das wirklich auch erkennt, wie paradisisch das ist.
Ringsrum tobt der Wahnsinn.
Gestern habe ich mich zum Sport mit einem Trainingskollegen unterhalten. Der ist auch ein Gartenfreund, hat aber keine Zeit, da er die ganze Woche auswärts arbeiten ist. Der mag seinen Job, verdient gutes Geld, hat sich eben mit den Notwendigkeiten arrangiert. Aber die Erfüllung ist es auch nicht. Wenn er könnte wie er wollte...
Und jetzt kommt das Problem: wenn du einmal richtig Rohkost gemacht hast, mit guten Produkten, dann möchtest du natürlich keinen 0815-Fraß mehr. Weder in der Liebe, noch im Berufsleben, noch in der Freizeit. Da möchtest Du dann auch "gute Produkte", die befriedigen, Spaß machen und nicht belasten.
Als Kochie? Ja gut, wer kennt das nicht, dass viele eben das essen, was angeboten wird in der Kantine. Klar, ab und an gibt es mal ein richtig gutes Essen, was auch immer sich jeder darunter vorstellen mag, aber die Regel ist es nicht. Und so sehen auch die Leben aus. Man passt sich an, ist schon OK, was will man machen, muss ja weitergehen, man kann eben nicht jeden Tag xxx oder yyy essen... und dann kommste als Rohie, der zu JEDER Malzeit das volle Programm hat.
Versteht ihr, wie nachhaltig die Rohkosternährung das Leben des Praktizierenden verändert? Das ist Wahnsinn! Das ist GROß!
Ich habe das so oft beobachtet, wie die Menschen etwas essen, was ihnen nur gut oder vielleicht garnicht schmeckt, aber es ist eben das was andere ihnen vorsetzten in der Mensa, in der Kantine, im Reatuarant, Zuhause.... und sie passen sich an, arrangieren sich damit, machen dass Beste draus. Und genauso sieht unsere Gesellschaft auch aus: wir kriegen Jobs vorgesetzt, die OK sind.. von irgendwas muss man ja leben, ist zwar Scheisse, aber die Kollegen sind OK... usw usw... ich will das alles garnicht weiter ausführen, aber es sollte klar rüberkommen, wie sehr die Ernährungskultur die Gesellschaft prägt.
Und dann der Rohie. Der will eigentlich immer nur das BESTE. Und zwar IMMER. (Merkt ihr auch dies en inneren Widerstand, wenn jemand sagt, er will immer nur das Beste? Merke ich gerade! Was? Immer nur das Beste, das geht garnicht! Aber das das Beste eben auch oft das Einfachste ist... tja...das muss man sich dann auch erst vergegenwärtigen).
Ja, als Rohie will man IMMER das BESTE. Auswahl. Qualität. Genuß.
Und wenn man es nicht kriegt, versucht man es eben selber zu machen. So wie viele Rohies ihre kleinen Paradiese schon irgendwo geschaffen haben ------ wenn auch noch viel zu wenig.
Da brauchste dann kein Schnaps, um es zu verdauen. Kein Bier, um dich runterzubringen, keine Zigarette danach und kein Wein zum runterspülen.
Da hast du das volle Programm.
Und das möchte man dann auch in anderen Bereichen. Und dann schaut man sich um, was da so geboten wird... und dann kriegste das kalte Kotzen und Fluchtimpulse (bei meinem letzten Bewerbungsgespräch hatte ich Beklemmungen und wollte genau das: wegrennen).
Vielleicht sollte ich so spät nichts mehr schreiben, aber in jedem Menschen steckt ein Rohköstler. Und damit meine ich vor allem, dass die Rohkost wirklich befreien kann und man zu sich selber kommt und plötzlich spürt, was man wirklich machen will. Zu was man auf der Welt ist. Und wenn dann wieder wer mit dem Äqivalent einer Pizza oder einer Toastbrotscheibe anrückt...
—————